A8: Sensibler Umgang an Hochschulen mit psychisch belasteten Studierenden
| Veranstaltung: | BuFaK WiWi Magdeburg |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 4. Positionspapiere |
| Antragsteller*in: | BuFaK Rat |
| Status: | Modifiziert |
| Antragshistorie: | Version 1(06.09.2025) |
| Veranstaltung: | BuFaK WiWi Magdeburg |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 4. Positionspapiere |
| Antragsteller*in: | BuFaK Rat |
| Status: | Modifiziert |
| Antragshistorie: | Version 1(06.09.2025) Version 2 |
Die BuFaK WiWi fordert von den Hochschulen einen sensiblen Umgang mit
Studierenden, die unter psychischen Erkrankungen oder Problemen leiden. Ein
sensibler Umgang mit Studierenden und Hochschulangehörigen kann sich vor allem
in Form eines Ausbaus der psychosozialen und psychotherapeutischen Beratung an
Hochschulen ausdrücken. Zur Vorbeugung psychischer Erkrankungen und Probleme ist
es notwendig, den Studierenden einen einfachen Zugang zu entsprechenden
Präventionskursen zu ermöglichen. In gegebenen Fällen sollte ein
Nachteilsausgleich in Prüfungsleistungen gewährt werden.
Ausgangslage
Im Sommersemester 2021 haben laut der 22. Sozialerhebung des Deutschen
Studierendenwerks rund 16% der Studierenden mindestens eine gesundheitliche
Beeinträchtigung, welche sich erschwerend auf das Studium auswirkt. Verglichen
mit der 21. Sozialerhebung entspricht dies einer Erhöhung um ca. 45%. 65% der
gesundheitlich beeinträchtigten Studierenden gaben psychische Erkrankungen als
einzige oder stärkste Beeinträchtigung für ihr Studium[1]
Verbesserung des Nachteilsausgleichs
Insbesondere in den Prüfungsphasen stehen vor allem Studierende mit psychischen
Erkrankungen und Problemen unter starkem Druck. Als zusätzlicher Katalysator
kommt für viele der Studierenden ebenfalls Prüfungsangst hinzu. Die BuFaK WiWi
fordert Hochschulen zur Handlung auf. Um dieser Beeinträchtigung in
Prüfungssituationen entgegenzuwirken, sollte Studierenden mit psychischen
Erkrankungen ein Nachteilsausgleich zugestanden werden. Die Art des
Nachteilsausgleichs sollte in Absprache mit den betroffenen Studierenden
individuell festgelegt werden.
Der Anspruch auf Nachteilsausgleich begründet sich laut dem Deutschem
Studentenwerk gesetzlich über den Begriff „Behinderung“. Dieser definiert sich
im Sozialgesetzbuch als „körperliche, seelische, geistige oder
Sinnesbeeinträchtigungen, die [...] an der gleichberechtigten Teilhabe an der
Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern
können“ (SGB IX § 2 Abs. 1, gültige Fassung seit 01.01.2018).
Entsprechend der UN-BRK (Art. 1 und Präambel) müssen in diesem Fall die
„Barrieren“ abgebaut werden, die eine volle und gleichberechtigte Teilhabe an
der Gesellschaft verhindern.
In einigen Prüfungsordnungen ist bereits festgelegt, dass bei „Glaubhaftmachung“
einer solchen Beeinträchtigung ein Nachteilsausgleich gewährt werden soll. Hier
treten jedoch mehrere Probleme auf: Jurist:innen wie Patrick Hechler (ehem.
Universität Gießen) aber auch Dr. Christiane Schindler, Leiterin der
Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung beim Deutschen
Studentenwerk, bemängeln, dass Prüfungsausschüsse einen Nachteilsausgleich
„pauschal“ verweigern und hier die nicht sichtbaren Erkrankungen „stigmatisiert“
sind.[2] Der Prüfungsausschuss ist in fast jedem Fall mehrheitlich oder
vollständig mit Personen besetzt, die nicht über ausreichende psychologische
bzw. psychotherapeutische Kompetenzen verfügen.
Zusätzlich ist das grundlegende Recht auf informationelle Selbstbestimmung
gefährdet (vgl. GG Art. 2 Abs. 1, Europäische Menschenrechtskonvention Art 8
Abs. 1), da höchstpersönliche und sensible Gesundheitsdaten weitergegeben werden
müssen. Die BuFaK WiWi fordert daher, dass Prüfungsämter und Prüfungsausschüsse
Gutachten von den jeweiligen Fachärzt:innen bedingungslos anerkennen müssen.
Ausbau des Beratungsangebotes
In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der 22. Sozialerhebung, die einen enormen
Bedarf an psychosozialer Beratung unter den Studierenden aufzeigen, ist es
zwingend erforderlich, das Beratungsangebot an Hochschulen zu verbessern. 67,8 %
der Studierenden gaben an, einen Bedarf für psychosoziale Beratung zu haben,
jedoch konnten nur 26,4 % das bestehende Beratungsangebot für sich nutzen.
Beispielsweise weist die Psychosoziale Beratungsstelle (PSB) des
Studierendenwerks Göttingen im Herbst 2023 darauf hin, dass aufgrund von
Überlastung der Kapazitäten zurzeit keine Terminanfragen per E-Mail oder Telefon
vereinbart werden können.[3]
Neben den akademischen Herausforderungen sehen sich Studierende heute mit einer
Vielzahl von weiteren Anforderungen konfrontiert. Der Übergang vom Elternhaus in
die Eigenständigkeit stellt eine bedeutende Hürde dar. Es erfordert nicht nur
das Bewältigen akademischer Anforderungen, sondern auch das Erlernen der
Selbstständigkeit ohne elterliche Unterstützung. Der Aufbau eines neuen sozialen
Netzwerks, die finanzielle Absicherung des Lebensunterhalts und die Anpassung an
die sich verändernden Regeln und Anforderungen an den Hochschulen tragen
weiterhin zu erheblichen Belastungen bei. Für viele Studierende führt diese
Situation zu Überforderung und vielfältigen psychischen Sorgen.
Um dieser Problematik effektiv zu begegnen, fordern wir: die Hochschulen auf,
dringend ihre Beratungsstellen und -angebote zu erweitern, um dem steigenden
Bedarf an psychosozialer Unterstützung gerecht zu werden. eine Ausweitung der
Kontaktmöglichkeiten, um an das entsprechend geschulte Personal heranzutreten.
Zum Beispiel neben der Bereitstellung einer Webseite zusätzlich auch Chats,
Hotlines, etc.
Informationsveranstaltungen zum Beratungsangebot, diese können dazu beitragen,
das Bewusstsein für die verfügbaren Ressourcen zu schärfen und die Hemmschwelle
für die Inanspruchnahme von Beratungsdiensten zu verringern.
Präventive Maßnahmen
In vielen Fällen verursachen unentdeckte psychische Probleme langfristig schwere
psychische Störungen und erfordern daher zwangsweise Präventive Maßnahmen.
Die BuFaK WiWi fordert die Hochschulen und Studentenwerke deshalb auf, durch
mehr präventive Maßnahmen psychischen Störungen vorzubeugen:
Hochschulen sollen eine Übersicht von Hilfsangeboten, Präventionsmaßnahmen und
den Rechten von Studierenden besonders im Prüfungsfall leicht zugänglich zur
Verfügung stellen, z.B. auf Social Media Kanälen, als Webseite oder im Rahmen
von Vorträgen.
Hochschulen sollen die und Prüfungsausschüsse für die Lage und die Rechte von
Studierenden mit psychischer Störung sensibilisieren, z.B. durch Rundschreiben
und Schulungen und diese Bereiche ggf. durch Personen mit psychologischen bzw.
psychotherapeutischen Kompetenzen personell und fachlich punktuell zu
verstärken.
Schaffung individueller Arbeits-und Bewältigungsstile bei den Studierenden, z.B.
Lernen lernen, Vortragstraining, Grundlagen des Zeitmanagements.
Prophylaktische Angebote sollten geschaffen werden, z.B. Selbstmanagement,
Burnout und Burnout Prophylaxe, Umgang mit persönlichen oder beruflichen
Problemen
Zusätzlich sollen aktuell vorhandene Barrieren endgültig abgebaut werden. Dazu
stellt die BuFaK WiWi folgende Forderungen an die Hochschulen:
Prüfungsämter/Prüfungsausschüsse sollen Atteste von ausgewiesenen Expert:innen
(Fachärzt:innen für Psychiatrie/Neurologie, ärztliche und psychologische
Psychotherapeut:innen, Amtsärzt:innen, Hausärzt:innen
psychotherapeutischer/psychiatrischer Zusatzqualifikation) anerkennen mit
einschließlich eventuell vermerkter Empfehlungen für die Durchführung eines
Nachteilsausgleichsunabhängig von einer eventuellen Behandlung ohne, dass auf
dem Attest eine Diagnose oder die Symptomatik vermerkt wird.
Die Ablehnung eines Attests soll vom Prüfungsausschuss gegenüber einer noch
einzurichtenden, unabhängigen Clearingstelle begründet werden.
Abschlusszeugnisse und Notenübersichten dürfen keinen Hinweis auf gewährte
Nachteilsausgleiche enthalten, um einer weiteren Stigmatisierung vorzubeugen.
Schließlich fordert die BuFaK WiWi, die Entscheidung über die Form des
Nachteilsausgleichs nur vom zuständigen Prüfungsamt/Prüfungsausschuss treffen zu
lassen, wenn dieses/dieser mit ausreichender psychologischer Kompetenz
ausgestattet ist. Ansonsten sollte die Entscheidung an eine entsprechende
(Clearing-)stelle mit psychologischen Kompetenzen ausgelagert werden.
Quellen:
[1]https://www.bmbf.de/SharedDocs/Publikationen/de/bmbf/4/31790_22_Sozialerhe
bun-g_2021.pdf?__blob=publicationFile&v=9
Quellen: [1]https://www.bmbf.de/SharedDocs/Publikationen/de/bmbf/4/31790_22_Sozialerhe bun-g_2021.pdf?__blob=publicationFile&v=9Quellen:
[2] Freie Presse Chemnitz vom 21.03.2018
[2][1] Freie Presse Chemnitz vom 21.03.2018
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