| Veranstaltung: | BuFaK WiWi Magdeburg |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 4. Positionspapiere |
| Antragsteller*in: | BuFaK Rat |
| Status: | Angenommen |
| Antragshistorie: | Version 2 |
A1: Abschaffen von Hürden und Wahrung der Privatsphäre beim Nachweis von Prüfungsunfähigkeit
Antragstext
Studierende sehen sich bei krankheitsbedingten Prüfungsrücktritten immer wieder
mit Forderungen nach sensiblen medizinischen Angaben konfrontiert. Diese Praxis
stellt einen tiefen Eingriff in die Privatsphäre der Studierenden dar und
ignoriert zudem die individuelle Wirkung von Krankheitssymptomen auf die
Prüfungsfähigkeit. Die BuFaK WiWi fordert daher Hochschulen und
Landeshochschulgesetzgeber dazu auf, die erweiterte Attestpflicht abzuschaffen
und stattdessen Atteste zu akzeptieren, welche die Prüfungsunfähigkeit
dokumentieren. Studierende sollen nicht mit zusätzlichen Aufwänden,
Amtsarztpflichten oder Kosten belastet werden.
1. Aktuelle Situation
An vielen Hochschulen müssen Studierende bei Prüfungsunfähigkeit weiterhin
medizinische Angaben wie Diagnosen, Befunde und Symptome offenlegen. Häufig
werden bestimmte Krankheitsbilder oder einzelne Symptome pauschal als „nicht
hinreichend“ klassifiziert. Diese Praxis missachtet, dass die Auswirkungen eines
Symptoms individuell stark variieren und von medizinisch nicht bewanderten
Prüfungsausschüssen nicht angemessen beurteilt werden können. So bleibt die
akute Leistungsminderung, die aus einer Erkrankung resultiert, dabei oftmals
unberücksichtigt.
Das grundsätzliche Ziel der Prüfungsausschüsse, die Vermeidung von Missbrauch,
ist legitim. Dennoch wird dabei angenommen, dass Studierende krankheitsbedingte
Rücktritte unrechtmäßig nutzen. Diese Haltung steht im Widerspruch zur
Unschuldsvermutung und verkennt die Motivation der Studierenden ihr Studium
erfolgreich abzuschließen. In einigen Fällen wird zusätzlich die Hinzuziehung
eine:r Amtsärzt:in verlangt.[1] Nicht nur führt dies zu organisatorischen
Hürden, zusätzlichen Wegen, Kosten und zeitlichem Aufwand, der insbesondere
finanziell schwächer gestellte Studierende benachteiligt, sondern stellt auch
die Kompetenz des Gesundheitswesens unnötig in Frage.
Besonders gravierend ist der Eingriff in die Privatsphäre. Die Offenlegung
sensibler In formationen kann intime gesundheitsbezogene Bereiche betreffen,
darunter psychische Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen, sexuell übertragbare
Infektionen oder Schwanger schaften. Gerade Krankheitsbilder, die
gesellschaftlich stigmatisiert sind, können durch die Nennung einzelner Symptome
erschlossen werden.
Zudem greift die erweiterte Attestpflicht unverhältnismäßig in Grundrechte ein.
Die BuFaK WiWi sieht hier insbesondere das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie das Recht auf
Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK betroffen. Durch den faktischen
Zwang, Gesundheitsdaten preiszugeben, werden Studierende in eine Zwangslage
gebracht, da die Verweigerung der Offenlegung zur Nicht-Anerkennung des Attests
führen kann. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Z. v. Finnland, 1997) ist die
Vertraulichkeit von Gesundheitsdaten ein vitales Prinzip zum Schutz der
Privatsphäre und zur Erhaltung des Vertrauens in das Gesundheitssystem. Das
Bundesverfassungsgericht betont zudem, dass das Vertrauen zwischen Patient und
Arzt zu den Grundvoraussetzungen ärztlichen Wirkens zählt. Zusätzlich schützen §
203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen) und §§ 630f, 630g BGB
(Einsichtnahme in die Patientenakte) die Vertraulichkeit von Gesundheitsdaten
strafrechtlich und zivilrechtlich. Aufgrund dieser Hürden riskieren Studierende,
trotz Krankheit an Prüfungen teilzunehmen, um den Aufwand oder die Offenlegung
ihrer Daten zu vermeiden. Das führt zu gesund heitlichen Belastungen und
schlechteren Prüfungsleistungen.
2. Hauptforderungen
1. Abschaffung der erweiterten Attestpflicht einschließlich der Offenlegung
sensibler Gesundheitsdaten
Studierende sollen weder Diagnosen, Symptome noch Befunde offenlegen müssen.
Ärztliche Atteste sollen sich ausschließlich auf die Prüfungsunfähigkeit
beschränken. Die Beurteilung dessen liegt vollständig in der fachlichen
Kompetenz der behan delnden Ärzt:innen. Atteste, welche die Prüfungsunfähigkeit
quittieren, müssen als hinreichender Nachweis akzeptiert werden. Pauschale
Ablehnungen auf Grund lage symptom- oder diagnosebezogener Zurückweisung einer
Krankmeldung sind unzulässig und berücksichtigen nicht die individuelle Schwere
einer Erkrankung.
2. Keine verpflichtende Hinzuziehung von Amtsärzt:innen.
Amtsärztliche Untersuchungen dürfen nicht Voraussetzung für einen anerkannten
Rücktritt sein.
3. Gesundheitlicher Schutz und Abbau von Hürden
Hochschulen sollen sicherstellen, dass Studierende nicht aufgrund bürokratischer
Barrieren oder Angst vor Datenpreisgabe gezwungen sind, trotz Erkrankung an
Prüfungen teilzunehmen.
Quellen:
Begründung
Turnusmäßige Bestätigung

Kommentare